Junge, komm bald wieder – Vegesack, bei all seinen Namen genommen – Klönrunde des MTV Nautilus am Donnerstag, dem 21. Juli 2022 im NAUTILUSHAUS am Museumshaven in Bremen-Vegesack

Die Geschichte erzählt sich eigentlich wie von selbst. Die Geschichte von den Seeleuten, denen, kaum dass sie in Vegesack an Land gegangen waren, die Heuer aus den Taschen gefegt wurde. An Bord hatten sie ja nichts davon ausgeben können. Am Ende schaffte es der aus solchen Erzählungen hervorgegangene Vegesacker Junge sogar zu einer Art Wappenfigur. Selbst auf dem Wirtshausschild eines Lokals am Utkiek ist er, mit nach außen gekehrten Taschen, als Namensgeber vertreten. Am 18. Juni 2022 wurde am Hafenwald ein Denkmal für ihn enthüllt.
Wie immer bei guten Geschichten ist auch diese ein bisschen zu gut. Ganz und gar zeitgemäß einem solchen Gedenken abgeneigt zeigte sich schon im Vorfeld eine im Beirat Vegesack vertretene politische Partei: “Wir als (…) sehen das Thema im Zusammenhang mit der Bevorzugung von jungen Männern, was den Vegesacker Jungen in der Realität angeht. Deshalb muss unsere Fraktion als Unterstützerin dieses Antrags gestrichen werden.“ Wie es um die Realität und das erkennbar nicht biologische Geschlecht einer Symbolfigur bestellt sein könnte, wurde natürlich nicht näher erläutert. Das Kunstwerk kriegte trotzdem einen ihm angemessenen Platz.

Wobei: So einfach liegen die Dinge in diesem Fall nicht. Nach einer ganz anderen Lesart rührt der Name Vegesack nicht von Ereignissen in irgendwelchen Spelunken, sondern ganz simpel von Feeg Sack, einer Bucht, wie sie, an der Einmündung der Schönebecker Aue in die Weser, dort tatsächlich einmal bestand. Als über eine Schankwirtschaft Thom Fegesacke verfügende Ansiedlung wird das heute bremische Vegesack 1453 erstmals urkundlich erwähnt.

Für ein Alleinstellungsmerkmal sollte man den Namen Vegesack ungeachtet der ihm schon eingeschriebenen Doppeldeutigkeit ohnehin nicht halten. Schaut man einmal über den Tellerrand bremischer Namensbefindlichkeiten hinaus, gelangt man unweigerlich ins Baltikum und auf das Gebiet des einstigen Deutschritterordens. Dort, nahe dem livländischen Wolmar, wurde am 20. März 1888 der Schriftsteller Siegfried von Vegesack als neuntes Kind des Ordnungsrichters Gotthard von Vegesack geboren. Von Vegesack ist der Name eines bis in die Gegenwart andauernden Adelsgeschlechts. Aus dem Kreis dieser weitverzweigten, außer im Baltikum in Schweden und Polen ansässigen Sippe, stammt auch der 2012 in Stockholm verstorbene Verleger und Autor Thomas von Vegesack. Verblüffend wie aussagekräftig an ihm war seine körperliche Statur, die an einen Deutschordensritter erinnerte. Kein Vegesacker Junge, bei dem es einfach gewesen wäre, ihm das Geld aus den Taschen zu fegen.

Was es auf sich hat mit dem Namen Vegesack, wie seine Bedeutungen changieren und wofür die mit ihm verbundenen Erzählungen taugen, darum geht es bei der Klönrunde des MTV Nautilus am Donnerstag, dem 21. Juli 2022. Beginn um 19 h im NAUTILUSHAUS, Zum Alten Speicher 7 in 28759 Bremen. Präsentation und Moderation: Gerald Sammet