Wer will denn schon so hoch hinaus? – Ein Disput über die Vereinbarkeit von Gebäudehöhen und maritimer Tradition – Klönrunde des MTV Nautilus am Donnerstag, dem 19. März 2020 im Nautilushaus am Museumshaven in Bremen-Vegesack
Vegesack, der Bremer Stadtteil mit dem Hang für das Besondere in seiner Geschichte, plagt sich derzeit mit einem Problem. Einem Hochbauproblem, genau genommen, denn es geht in öffentlichen Auseinandersetzungen darum, ob ein zwischen Hafenrand, dem historischen Speicher und der Touristenattraktion >Schulschiff Deutschland< von einem Investor geplantes Hochhaus die maritimen Bezüge der Örtlichkeit beeinträchtigen könnte. Was bei den einen allenfalls ein Schulterzucken bewirkt, stößt auf der Gegenseite auf einigen Widerstand, bis hin zu der angedrohten Konsequenz, das Schulschiff, weil im Windschatten einer als unstatthaft empfundenen künftigen Gebäudehöhe liegend, aus dem Ensemble zu nehmen.
Baupolitisch schien es in der Angelegenheit kaum noch Fragen zu geben. Die Gremien hatten, nach einer Reduzierung des in Aussicht genommenen Bauvolumens, für das Vorhaben votiert. Was folgte, lief nach längst eingespielten und zumeist auch erfolgreichen Mustern: Weitere Zweifel an der Entscheidung wurden vorgetragen, historisch begründete Gegenentwürfe geschaffen und, in durchaus differenzierter Form, zu Ultimaten verdichtet. Hochhäuser, so der Kern all dieser Einwände, haben in der von maritimer Architektur geprägten Stadtlandschaft am Hafen nichts verloren. Sie verstellten Sichtachsen und den Blick auf die historischen Zusammenhänge, denen die historischen Gebäude im Umfeld des Hafens ihre Bedeutung verdankten.
Außenstehende könnten vielleicht einwenden, dass es sich beim Hafen selbst wie bei der Ausgestaltung seines Umfelds so eindeutig wie bei dem geplanten Hochhaus um Kunstbauten handle. Nur waren diejenigen, die den ersten künstlichen Hafen Deutschlands ausheben ließen und ihn mit funktional auf ihn zugeschnittenen Bauten umstellten, weit weniger von Skrupeln geplagt. Eingriffe in den noch sehr ländlich geprägten Raum an der Mündung von Lesum und Aue in die Weser galten als wünschenswert und als ein Zukunftsversprechen. So viel tätiger Optimismus, heute gilt heute als unangebracht. Sogar der eigentlich unabweisbare Umstand, dass Hochhäuser, wie im Übrigen alle Gebäude und Geländeformationen, Schatten werfen, wurde und wird als Einwand gegen das Bauvorhaben in Stellung gebracht. Auch um das Havenhaus und den historischen Speicher wäre es geschehen, ließe man eine solche Argumentation uneingeschränkt gelten.
So dreht sich in dieser Debatte letztlich alles um die Frage, welche Horizontlinien man in einem Gemeinwesen ziehen sollte, das nach Antworten auf seine Zukunft sucht und dafür die Maßstäbe seiner Vergangenheit bemüht. Mit Gemütsbewegungen jeder Art sollte man bei einem derartigen Vorhaben rechnen. Wie hoch Häuser dort sein sollten und dürfen, wo Kunstbauten und Schiffe aus früheren Zeiten maritime Historie bezeugen, darum geht es bei der Klönrunde des MTV Nautilus am Donnerstag, dem 19. März 2020. Beginn um 19 h im Nautilushaus, Zum Alten Speicher 7 in 28759 Bremen. Präsentation und Moderation: Gerald Sammet.